An dieser Stelle gibt es in unregelmäßigen Abständen Tipps zur deutschen Sprache und ihrem Gebrauch in Reden, Pressemitteilungen etc.
1. Erdrutschartiger Sieg - Gerade nach Wahlen immer wieder gerne verwendet, leider aber völlig deplaziert: gemeint und damit besser ist der überwältigende Sieg
2. Bundesbürger - Mit diesem Begriff wollte man zu Zeiten des Kalten Krieges den westdeutschen Bürger vom DDR-Bürger unterscheiden - schon damals hätte man besser Westdeutsche und Ostdeutsche gesagt und schon damals waren beide Deutsche - und sind es auch noch heute. Umso mehr sollte man diesen Begriff heute meiden - wir sprechen vom Deutschen.
3. Gefangene - Menschen, die im Krieg oder aus politischen Gründen gefangen genommen wurden. Terroristen, die wegen schwerer Verbrechen einsitzen, sind Häftlinge – verurteilte Betrüger auch! ...aus den Standards der Nachrichtenagentur dpa
4. Überwiegende Mehrheit - Umfragen und ihre meistens von den Auftraggebern gestrickten Pressemeldungen liefern häufig solchen baren Sprachunsinn! Mehrheit ist Mehrheit - und wenn schon Mehrheit dann überwiegt sie die Minderheit immer! Wenn man schon die jeweilige Mehrheit nicht mit Zahlen sondern sprachlich qualitativ beschreiben will dann spricht man von knappen Mehrheiten, großen oder überwältigenden Mehrheiten.
5. Befreiung des Lagers xy - Las ich letztens in einem renommierten Magazin: “Nach Befreiung des Konzentrationslagers durch die...” Befreien kann man aber nur Menschen oder Tiere, aber weder Lager noch Zäune....
Also: “Nach Befreiung der Gefangenen des Konzentrationslagers xy...”
Und noch was: die in Konzentrationslagern einsitzenden Menschen als Häftlinge zu bezeichnen gehört strafrechtlich verfolgt!!! (siehe Tipp 3)
6. Urnengang - Man las es nach einer Serie von Landtagswahlen wieder häufiger, dieses aufgeblähte Wortungetüm zwecks Vermeidung des wiederholten Gebrauchs des Wortes Wahl! Urnen können per definitionem nicht gehen.... Wie wäre es mit Entscheidung, Abstimmung???
7. Wie <<sagen>> sagen? - Jeder braucht dieses Verb sehr oft - v.a. in journalistischen Nachrichtentexten. Um jetzt nicht immer wieder <<sagen>> sagen zu müssen werden leider sehr oft unbrauchbare, falsche Verben benutzt. Beispiel: “Ich habe im Lotto gewonnen”, strahlte Peter. Oder: “Wir haben geheiratet”, freute sich Peter.
Niemand kann Worte strahlen oder freuen ! Das ist gehobener Blödsinn! Wie wäre es mit: äußern, erklären, erläutern, vortragen, flüstern, bezeichnen, meinen und so weiter.... Und fürs strahlen und freuen gibt es hundertfach Adjektive. Beispiel: ...meinte der strahlende Gewinner.
8. Mission - In der deutschen Sprache ein kirchlicher Begriff im Sinne von Bekehrung. Heute als modischer Anglizismus verwendet und meint schlicht einen Auftrag oder Einsatz. Und wenn es dann auch noch englisch ausgesprochen wird fühlt man sich besonders “cool”..... igitt!!
9. Lorbeer - Caesar hab ihn selig.....Man ruht sich nicht auf Lorbeeren, sondern auf dem Lorbeer aus. Nämlich auf dem, den man für überragende Leistungen erhielt. Man erhält aber keine Beeren sondern einen Kranz... .Aber schon Königin Luise von Preußen sprach im Plural: 1808 schrieb sie ihrem Vater: "Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren." Sie meinte die Erfolge Friedrichs des Großen.
10. Blauhelme - Wer trägt Blauhelme? Richtig: UN-Soldaten. Sie sind aber Soldaten und keine Helme, bestenfalls Blauhelmsoldaten. Ach ja, Blauhelme werden abgenommen, aber weder getötet noch abgezogen...
11. Modewort “scheinbar” - Überall liest man dieses Wort - und hören kann ich es schon lange nicht mehr. Denn die meisten Benutzer dieses Wortes meinen nicht scheinbar im Sinne von “nur zum Schein”, “nicht wirklich” sondern sie meinen das schöne Wort “anscheinend” im Sinne von “möglicherweise”, “vermutlich”, “wahrscheinlich” oder “offensichtlich”.
Die Benutzer verwechseln hier Adverb und Adjektiv!!
Beispiel - Dieser Maitag ist mal wieder saukalt. Es ziehen viele Wolken auf. Anscheinend (wahrscheinlich) wird es bald regnen.
Aber - Scheinbar ist die Erde eine Scheibe von Horizont zu Horizont. (Ist sie ja nicht wirklich, sieht ja nur so aus....)
12. Fremdwörter? - Ob und wie viele hängt davon ab, wer überzeugt werden soll. Ein durchschnittlich gebildetes Publikum wird vielleicht das Wort “Symbiose” nicht verstehen. Und auch für das gebildete Publikum ist ein Satz ohne Fremdwort meist besser verständlich.
Beispiel - “ Die Beziehung zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat kann als Symbiose verstanden werden. “
Besser - “ Unternehmensleitung und Betriebsrat nützen sich gegenseitig. “
13. Wortverschwendung und geblähtes Deutsch... Oft werden Sätze künstlich gebläht - als ob den Sätzen Bohnensuppe eingeflößt wurden...
Beispiele
- Ungünstige Witterungsverhältnisse statt schlicht schlechtes Wetter
- In Gewahrsam nehmen statt verhaften
- Im Falle dass statt falls
- Trotz der Tatsache statt trotz
- Anhäufen neuer Schulden statt borgen oder Kredite aufnehmen
- Zählung von etwas durchführen statt zählen
- Noch nicht bekannt statt unbekannt